Tier des Jahres 2016
Geschichte eines Nagetiers
Bei einem Spaziergang entlang der Gewässer kann man hier und dort die Spuren eines wieder heimgekehrten Landschaftsgestalters bestaunen. Die Rede ist von gefällten Bäumen, aufgestauten Bächen und kunstvoll gestalteten Biberdämmen - die unverwechselbare Spur eines Bibers.
Doch das war nicht immer so:
Der Biber (Castor fiber) wurde lange Zeit vom Menschen stark verfolgt bis er schlussendlich im Jahr 1813 in Tirol als ausgerottet galt. Gejagt wurde er wegen seines sehr wertvollen Pelzes und seinem Fleisch, welches hauptsächlich in der Fastenzeit gegessen wurde. Auch das Bibergeil, ein Drüsensekret, welches in der Heilkunde als Wundermittel zahlreiche Anwendungen fand, führte zur verstärkten Bejagung des Bibers.
Körperbau und Verhalten des Bibers
Der Biber ist das größte Nagetier Europas, kann bis zu 130 cm lang und bis 30 kg schwer werden. An Land wirkt der Biber eher plump und gedrungen. Seine Aktivität begrenzt sich auf die Dämmerungs- und Nachtstunden. In der Regel sind es sehr scheue Tiere, untereinander sind Biber hingegen sehr gesellige Tiere und pflegen ein reges Familienleben. Die Elterntiere bleiben ein Leben lang zusammen. Die Elterntiere bleiben ein Leben lang zusammen und können bis zu 15 Jahre alt werden. Jährlich gibt es Nachwuchs, meistens ein bis drei Jungtiere. Die zweijährigen Biber müssen die Familienidylle verlassen, um sich ein eigenes Revier zu erschließen. Dadurch kommt es zu keiner Übernutzung des Lebensraumes, und der Biberbestand in einem bereits bestehenden Revier bleibt konstant.
Warum werden Bäume gefällt?
Da der Biber keinen Winterschlaf hält, benötigt er auch im Winter pflanzliche Nahrung. Deshalb ernährt sich der reine Vegetarier vom Herbst bis zum Frühjahr hauptsächlich von Rinden und Knospen. Um an das zarte Astwerk in den Baumkronen zu gelangen muss er die Bäume fällen. Äste werden zudem noch zum Bau von Dämmen und teils zum Bau seiner Wohnstätten verwendet. Um ein weiteres unnötiges Fällen zu verhindern, ist es sinnvoll dem Biber bereits angenagte und gefällte Bäume bis April als Nahrungsdepot liegen zu lassen.
Einfluss des Bibers auf das Ökosystem
Man hat hinzugelernt und verstanden, dass die landschaftsgestaltende Verhaltensweise des Bibers viele positive Rückkoppelungen für Pflanzen, Tiere und den Menschen hat. Biber werden in der Ökologie als Ecosytem Engenieers bezeichnet, weil durch den Bau ihrer Dämme wieder neue Lebensräume für andere bereits abgewanderte Arten geschaffen werden. Er bietet eine Chance, die Artenvielfalt und Biodiversität an Flussläufen wieder zu erhöhen. Tiergruppen die stark vom Biber profitieren sind unter anderem Vögel, Amphibien, Insekten, Reptilien und Fische. Durch den Menschen begradigte und verbaute Gewässer werden durch die Bauaktivität von Biberdämmen kostengünstig renaturiert. Dadurch können sich wieder Feuchtgebiete und nahturnahe Lebensräume bilden. Die bereits genannten Dämme in begradigten Gewässern, wirken sich positiv auf die Fließgeschwindigkeit aus, da sie dadurch abnimmt. Das Abflussregime der Gewässer wird dadurch belebt und es kommt zu unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten die unterschiedliche Strukturen der Flusssole fördern. Das wiederum schafft neue Laichplätze für Fische und andere Wasserlebewesen. Aber auch die Menschen profitieren indirekt von dem Wasserbauingenieur. Durch die Abnahme der Fließgeschwindigkeiten der Gewässer kann das Wasser besser in das Erdreich eindringen, Grundwasservorräte werden dadurch besser aufgefüllt, die Trinkwasserreserven gesichert und landwirtschaftliche Flächen können besser mit Wasser versorgt werden. Die Dämme erfüllen eine wichtige Funktion als natürlicher Hochwasserschutz bei Starkregenereignissen.
Rückkehr des Bibers in Tirol
Als man im Jahre 1990 im Bezirk Kufstein die ersten Spuren von einem zugewanderten Biber aus Bayern entdeckte, war das mediale Interesse sehr groß. Ein Wildtier das über 180 Jahre lang aus Tirol verschwunden war kehrt zurück und damit auch viel offene Fragen. Wie wird er sich wohl in dem durch Verbauungen, Regulierungen und intensiver Flächennutzung stark verändertem Lebensraum zurechtfinden? Hat er überhaupt eine Chance sich hier wieder anzusiedeln? Den überaus faszinierenden Wildtieren ist es von Jahr zu Jahr immer mehr gelungen sich an die Gegebenheiten anzupassen. Der erste Nachweis von einem in Tirol geborenen Biber konnte im Frühsommer 2007 erbracht werden.
Schutzstatus des Bibers in Tirol
Wichtig für die erfolgreiche Etablierung dieser Art ist die europaweite Unterschutzstellung dieser Tierart. Diese FFH- Richtlinie (Fauna Flora Habitat Richtlinie), welche auch in der Tiroler Naturschutzverordnung verankert ist, verbietet die Tiere zu fangen, zu stören oder gar zu töten, wobei es natürlich auch Ausnahmen geben kann. Somit ist das willkürliche Entfernen von Dämmen nicht gestattet. Auch jegliche negative Eingriffe in deren Lebensraum sind zu unterlassen.
Konfliktpotential des Bibers in Tirol:
Gefällte Bäume und gestaute Bäche stoßen nicht überall auf Gegenliebe. Aus diesem Grund ist im Auftrag der Tiroler Landesregierung ein Biberbeauftragter im Bezirk tätig. Er hilft Konfliktlösungen zu finden und bietet Beratungen bezüglich Präventivmaßnahmen etc. an.
Biberhotline für den Bezirk Kitzbühel: +43 (0)676 885 088 22 44
Info Broschüre unter www.tirol.gv.at/themen/umwelt/naturschutz/biberbetreuungsstelle
Bildnachweise: Nairz Wilfried, Loner Manfred,Info-Broschüre "Biber in Tirol" der Abteilung Umweltschutz